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Können Körperkameras Menschenrechtsverletzungen verhindern?

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Personen verschwinden, werden gefoltert und willkürlich ermordet – diese Menschenrechtsverletzungen begehen in Mexiko nicht nur Drogenkartelle, sondern auch Sicherheitskräfte wie die Polizei und das Militär. Mehrere medial aufgegriffene Vorfälle wie das Massaker in Tlatlaya 2014, bei dem mutmaßlich 22 Personen durch Militäroffiziere hingerichtet wurden, verstärkten den Druck auf die Regierung, gegen diese vorzugehen. So kürzte auch die USA zuletzt ihre finanzielle Unterstützung aus Bedenken über Menschenrechtsverletzungen seitens der Sicherheitskräfte.  Daraufhin kündigte das Verteidigungsministerium Sedena an, Videokameras an den Helmen von den Sicherheitskräften anzubringen, um eine bessere Kontrolle und Dokumentation zu ermöglichen. Ob diese Maßnahme Erfolge verzeichnen wird, ist umstritten.

Der Vorschlag wurde von der Nationalen Menschenrechtskommission (CDNH) gemacht. Das Ziel ist eine Reduktion der Menschenrechtsverletzungen. Dazu werden die Helme mit Videokameras, GPS-Geräten, Lampen und Audioaufzeichnungsgeräten ausgestattet. Außerdem plant Sedena, dem Machtmissbrauch durch Workshops zu Menschenrechten vorzubeugen.

Seit dem Amtsantritt des Präsidenten Felipe Calderon 2006 und seiner Militarisierung der Drogenpolitik herrscht in Teilen Mexikos ein Klima des Terrors. Sein hauchdünner Wahlsieg ließ an der Legitimation seiner Macht zweifeln, außerdem war die Regierungsfähigkeit des Landes wegen der steigenden Bedeutung des Drogenhandels gefährdet. Um die vorherrschende Korruption, den Drogenhandel und den zunehmenden Machtgewinn der Drogenkartelle zu bekämpfen, setzte Calderon auf einen militärischen Antidrogenkampf – mit Unterstützung der USA.

Infolge einer Gewaltzunahme der Drogenkartelle wurde dem Militär eine immer größere Rolle zugesprochen, was zu einer weitgehenden Autonomie führte. Die Armee übernahm zunehmend polizeiliche Kontrollaufgaben und gewann an Macht. Danach häuften sich außergerichtliche Wohnungsdurchsuchungen und Exekutionen, Folterungen und willkürliche Festnahmen. Die Annahme, dass ein hartes Durchgreifen das einzige Mittel sei, sich gegen die Drogenkartelle zu behaupten und somit auch die Macht der Regierung zu stärken, förderte letztendlich eine Spirale der Gewalt von beiden Seiten. Durch die Bearbeitung von Verbrechen der Soldaten durch eine Militärjustiz blieben viele Menschenrechtsverletzungen ungesühnt.

Erfolge brachte der Krieg gegen die Drogen nicht, vielmehr trug er zu einer Gewalteskalation und einer Machtzunahme der Drogenkartelle bei. Oft richtet sich die Gewalt der Sicherheitskräfte auch gegen Indigene und Kleinbauern.  Große Teile der verarmten Bevölkerung sehen den Drogenhandel als eine Quelle von Arbeit und Einkommen. Statt also die Strukturen des Drogenhandels und des organisierten Verbrechens aufzubrechen, werden oft Zivilisten Opfer von Gewalt.

Die Bestrebungen der Regierung, gegen diese Menschenrechtsverletzungen vorzugehen, sind durchaus lobenswert und ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Stabilität und der Demokratie des Landes. Allerdings waren ähnliche Einsätze nicht immer von Erfolg gekrönt: In Teilen Mexikos wurde der Einsatz von Körperkameras bereits erprobt, so zum Beispiel in der Grenzstadt Tijuana, die immer wieder mit der Korruption der Polizei zu kämpfen hatte. Weil die Polizisten dort die Kameras an- und abschalten können und aufgenommene Sequenzen selbständig löschen können, funktioniert der Kameraeinsatz eher zum Schutz der Polizisten als für eine Verbesserung der Kontrolle über die Sicherheitskräfte.

Bei einer ähnlichen Vorgehensweise wurde in Brasilien 2014 eine außergerichtliche Tötung eines Jugendlichen durch Polizisten aufgezeichnet. Allerdings steigen die Zahlen von Tötungen durch die brasilianische Polizei noch immer.  In der US-Stadt San Diego dagegen führte der Einsatz von Körperkameras zu einem Rückgang der Gewalt durch Polizisten um 46 Prozent.

Die Kameras können wohl sowohl für die Bevölkerung als auch die Soldaten, die durch die Kameras eine gewisse Kontrolle erfahren, vor allem einen psychologischen Effekt haben. Somit können die Maßnahmen ein Schritt in die richtige Richtung sein – sofern sie zum Schutz der Bevölkerung umgesetzt werden.


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