In weniger als einer Woche wurden in Ecuador über drei Tonnen Kokain beschlagnahmt. Eine große Menge, die die wachsende Rolle des Landes im transnationalen Drogenhandel signalisiert. Auch die Möglichkeit, dass zunehmende Drogenströme durch das Land zu größeren Herausforderungen für die Sicherheit führen könnten, rückt weiter in den Fokus der Aufmerksamkeit.
Seit langem ist Ecuador ein wichtiger Transitstaat. Während in dem Land selber kein Kokain produziert wird, grenzt es an zwei der weltweit wichtigsten Koka-Produzenten: Kolumbien und Peru. Bereits in den 1970er Jahren hat Pablo Escobar peruanisches Koka über Ecuador nach Kolumbien befördert, wo anschließend die Koka-Pflanze zu Kokain verarbeitet wurde. In Ecuador werden Drogensendungen in beide Richtungen transportiert. Im Mittelpunkt dieser Dynamik steht Guayaquil, einer der wichtigsten Häfen des Kontinents und ein Ausgangspunkt für den Transport illegaler Substanzen, welcher lange unter dem Einfluss transnationaler, krimineller Organisationen stand. Das hohe Volumen legalen Warenverkehrs durch den Hafen erleichtert den Drogenschmuggel erheblich. Denn nach Angaben des US-Außenministeriums werden nur 20 Prozent der Containerexporte kontrolliert. Zudem ist Guayaquil ein Treffpunkt für internationale, kriminelle Gruppen und ein Lagerzentrum für Drogen.
Allerdings gab es in den letzten Jahren wiederkehrende Zeichen für eine steigende Bedeutung Ecuadors im Drogenhandel, die letztlich nachteilige Folgen für die Sicherheit in der Nation mit sich ziehen. Zur Zeit gilt sie als eine der sichersten in Lateinamerika.
Tonnen schwere Sendungen von Kokain sind heutzutage keine seltene Entdeckung mehr. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Beschlagnahmungen von Kokain stark angestiegen. Dieser Trend lässt sich durch mehrere Faktoren erklären. Zum Einen ist die Kokaproduktion im Nachbarland Kolumbien derzeit im Aufschwung und auch der Kokaanbau in Peru wächst immer weiter an. Darüber hinaus haben kriminelle Gruppen im Rahmen des kolumbianischen Friedensprozesses und der Demobilisierung der revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) die Kontrolle über die von den Guerillas aufgegeben Anbaugebiete gewonnen.
Neben Ecuadors wachsender Rolle als Transitstaat in der internationalen Drogenkette könnte die erhöhte Zahl der Beschlagnahmungen bedeuten, dass die ecuadorianischen Behörden effizienter in ihrer Arbeit der Drogenbekämpfung waren. Zwischen Januar und Juli 2016 führte das Land 4.800 Operationen gegen den Drogenhandel durch und löste 29 kriminelle Gruppen auf.
Außerdem kann der Drogenfluss durch das Land den lokalen Verbrauchermarkt beeinflussen, was möglicherweise einen Konflikt zwischen den verschiedenen Drogennetzwerken um die bessere Marktposition herbeiführen könnte. In Bezug auf diesen Konflikt stellt Mexiko einen der schlimmsten Fälle dar. Die einzelnen Drogenkartelle üben Kontrolle über die beanspruchten Gebiete aus, verteidigen diese mit allen möglichen Mitteln und bestechen durch ihre Brutalität. Besonders umkämpft sind dabei die mexikanischen Grenzstädte, da sie einen unmittelbaren Zugang zu den USA bieten.
Mit einer Rate von sechs Mordfällen pro 100.000 Einwohner genießt Ecuador derzeit eine der niedrigsten Mordraten in Lateinamerika und der Karibik. Aber der Anstieg der Drogenaktivitäten könnte die Kriminalitätsrate erhöhen und schließlich eine Herausforderung für die Sicherheit des Landes darstellen.
Darüber hinaus haben Berichte bereits auf Korruption innerhalb bestimmter staatlicher Institutionen als direkte Folge von Drogenschmuggelaktivitäten hingewiesen. Dem großen Drogenboss Prado, auch bekannt als „Gerard“, wird vorgeworfen, Gewalt gegen ecuadorianische Beamte angeordnet zu haben, um Druck auszuüben und um seine Operationen im Rauschgifthandel zu bewahren.
Zudem wird angenommen, dass Prado kein Einzelfall ist. Mit einem so starken Angebot an Kokain und einer ausgeweiteten Kokainproduktion ist es unvermeidlich, dass immer mehr bedeutende Drogenbarone an Macht gewinnen.
Ecuadors kriminelle Umgebung wurde traditionell von ausländischen kriminellen Organisationen, vor allem von kolumbianischen und mexikanischen Kartellen, geformt. Die Enthüllung des Drogennetzwerkes von Prado zeigt auch, dass durch die Möglichkeit, in dieser illegalen Branche hohe Gewinne zu erwirtschaften, eine Entstehung mächtiger einheimischer Drogenhandelsorganisation begünstigt werden könnte.