Nicolás Maduro verkündete im Frühjahr dieses Jahres, dass die umstrittene Anwältin María Iris Varela Rangel weiterhin Ministerin der Strafvollzugsanstalten in Venezuela bleiben wird. Seit sieben Jahren ist die gebürtige Venezolanerin nun Vorsitzende der Gefängnisse im Land. Doch seitdem konnten kriminelle Gruppierungen ihre Macht in den venezolanischen Gefängnissen ausweiten und haben diese nun fest im Griff. Unternommen hat sie dagegen bis jetzt noch nichts.
“Wir registrieren momentan eine katastrophale Situation. Wir haben eines der schlechtesten Systeme für Gefängnisse in der Region“, so Humberto Prado, Direktor der Nichtregierungsorganisation „Observatorio Venezolano de Prisiones“ (OVP). Diese beobachtet seit geraumer Zeit die desaströse Lage in den Strafanstalten. Das komplette System müsste reformiert werden, da viele der Probleme mittlerweile schon alltäglich geworden sind. Zum einen kommt es regelmäßig zu Verschiebungen oder Verspätungen von Gerichtsterminen oder Anhörungen der Inhaftierten. Zudem sind sie hoffnungslos überfüllt, es gibt nicht genug Betten, die sanitären Anlagen sind meist in einem erbärmlichen Zustand und Krankheiten können sich dementsprechend schnell ausbreiten. Laut einem Bericht von Insight Crime werden fast 50.000 Menschen festgehalten, die eigentlich für 16.000 Menschen ausgelegt sind – also fast dreimal so viele. Die Überbelegung der Gefängnisse liegt bei knappen 200 Prozent. Außerdem herrschen dort wie auch in Brasilien, Mexiko und anderen lateinamerikanischen Staaten die Drogenkartelle. Die kriminellen Banden in den Haftanstalten Venezuelas werden „pranatos“ genannt. Diese kontrollieren den gesamten Gefängnisbetrieb, vom Eingang über den Verkauf von Drogen bis zur Essensausgabe. Mit Hilfe der bestochenen Wärter schleusen sie außerdem Unmengen an Waffen und Drogen sowie andere Schmuggelware in die Gefängnisse.
Venezuela ist ein wichtiger Transitstaat im internationalen Drogenhandel. Es befindet sich in einer geographischen Schlüsselposition zwischen dem weltweit größten Drogenexporteur Kolumbien und dem größten Konsumentenmarkt, den USA. Besonders vorteilhaft ist auch die Küstenlage, sodass von Venezuela aus in alle Weltregionen exportiert werden kann. Die Drogenkartelle operieren oftmals aus den Strafanstalten heraus. Das Ausmaß der kriminellen Machenschaften und der Macht der Drogendealer in den Gefängnissen Venezuelas zeigt sich anhand eines aktuellen Beispiels. Das Gefängnis „Tocorón“ wird vom Drogenboss Héctor Guerrero, alias „El Niño”, kontrolliert. Er ist für den Mord an einem Teenager verantwortlich, dessen Eltern die geforderten Erpressungsgelder an ihn nicht zahlen wollten. Dies ist nur einer von vielen Fällen. “Tocorón ist die deutlichste Illustration der “pranato”-Strukturen in Venezuela. Wenn es einen Ort gibt, wo die Drogengang ungestört agieren kann, ist es dieses Gefängnis. Ministerin Iris Varela verspricht seit über einen Jahr, diese Strafanstalt schließen zu lassen, hat es aber bis heute noch nicht getan”, erklärt Carlos Nieto Palma, Direktor der Organisation „Una Ventana a la Libertad“, welche die Menschenrechtslage in Gefängnissen kontrolliert. “El Niño kontrolliert wirklich alles”, sagt er. Die immensen Gewinne, die mit dem Drogengeschäft erzielt werden, machen Bestechungen und Korruption auf allen gesellschaftlichen Ebenen erst möglich. Mit Drogengeldern werden öffentliche Entscheidungen beeinflusst, politische Macht erkauft – und das funktioniert auch alles sehr gut aus den Gefängnissen heraus.
All diese Probleme sind seit Jahren bekannt und wurden bereits von verschiedenen Nachrichtenagenturen intensiv aufgearbeitet und beschrieben. Doch es wird nichts unternommen. María Iris Varela Rangel ist seit sieben Jahren im Amt und die Situation scheint sich von Tag zu Tag zu verschlechtern. Die venezolanische Anwältin und Politikerin der PSUV, der regierungsbildenden Partei unter Nicolás Maduro, ist sein 2011 Abgeordnete für den Bundesstaat Táchira und Ministerin beim Ministerium der Volksmacht für die Strafvollzugsanstalten. Varela ist eine umstrittene Persönlichkeit, die schon oftmals aufgrund von Beleidigungen und unangebrachten Kommentaren auffiel. Nicolás Maduro verlängert trotz allem ihre Amtszeit. Varela gilt als eine der engsten Kollaborateure Maduros. Es gibt nun wieder keine Hoffnung auf Verbesserung der menschenunwürdigen Lage. An der Käfighaltung in den Strafanstalten Venezuelas wird sich zukünftig mit Varlea an der Spitze kaum etwas ändern. Dies zeigt nur wiederholt, dass Korruption und Drogenhandel das Land und dessen Führungsebene somit weiterhin fest im Griff haben.