Wer eine Schusswaffe oder Munition nach Mexiko bringt, kann bis zu 30 Jahre im Gefängnis landen. Davor warnt das amerikanische Konsulat in Mexiko US-Bürger, die einreisen wollen. Die Waffengesetze in Mexiko sind scharf – und das aus einem guten Grund: Jährlich werden tausende Waffen durch die USA über die Grenze nach Mexiko geschmuggelt. Damit wird die Gewalttätigkeit des Drogenkriegs weiter angeheizt.
Ein Großteil der Waffen, der nach Mexiko geschmuggelt wird, wird einem neuen Bericht zufolge zunehmend nicht mehr in den USA produziert. Sie werden in Osteuropa gefertigt, in die USA importiert und gelangen von dort durch Schlupfwinkel in der Gesetzgebung nach Mexiko. Dort landen sie in den Händen von mexikanischen Drogenbossen. Dies unterstreicht den dringenden Handlungsbedarf der US-Regierung, um die lose Gesetzgebung zum Waffenimport zu verschärfen und damit den Schmuggel von hocheffizienten Waffen nach Mexiko zu erschweren.
Billige und leistungsfähige Modelle wie Varianten des AK- 47 sind sowohl unter Waffenbesitzern aus den USA als auch unter mexikanischen Drogenhändlern beliebt. Die Waffen stammen meist aus Rumänien und Bulgarien. Oft werden diese legal in die USA importiert und dann über die Grenze nach Mexiko geschmuggelt.
Dazu wurden zwei unterschiedliche Studien zum Anteil an ausländisch gefertigten Waffen, die wegen illegalen Imports nach Lateinamerika konfisziert wurden, vom US court und dem ATF (Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives), unternommen. Demnach stammen bis zu 83 Prozent der Waffen, die nach Mexiko geschmuggelt werden sollten, aus Produktionsstätten außerhalb der USA. Der tatsächliche Anteil an ausländisch gefertigten Waffen, die für den Import nach Mexiko bestimmt sind, könnte nach dem Report der VOLA und des VPC noch höher sein. Die Studien weisen erhebliche Diskrepanzen bis hin zu 59 Prozent auf. Das zeigt angesichts der unterschiedlichen Studienergebnisse, dass das Ausmaß an illegalem Import von ausländisch gefertigten Waffen schwer nach zu verfolgen ist. Dies liegt an der Dauer des anhaltenden Schmuggels über die Grenze nach Mexiko. Andererseits stellt es dar, dass gegen den Waffenschmuggel, der über die USA läuft, seit Jahren von Seiten der US-Regierung nichts oder nur wenig unternommen wurde.
Um die Rolle von ausländischen Importen im Waffenschmuggel nach Mexiko präziser zu ermitteln, schlägt der Bericht „Gun- Running Nation“ der ATF vor, einen neuen Jahresrückblick auf den Waffenhandel zu entwickeln. Darin könnte die Waffenstruktur in den USA und die Verwendung dieser diversen Typen im Drogenhandel und bei anderen schweren Verbrechen dargestellt werden. Somit sollen Waffenhändler stärker auf ihre Verantwortung aufmerksam gemacht werden. Langfristig könnten durch eine genauere Ermittlung der Strukturen hochgefährliche Waffen schwerer in die Hände von Drogenkartellen und Kriminellen in den USA und in Lateinamerika gelangen.
Der Import von Sturmgewehren wie Varianten des AK- 47 wurde 1994 verboten. 1998 wurden Einschränkungen zum Import von ausländischen Waffen in die USA verschärft, 2004 lief das Verbot des Importes von Sturmfeuergewehren wieder aus. Durch eine lose Gesetzgebung läuft der Waffenschmuggel auf der Handelsroute von den Balkanstaaten bis nach Mexiko jedoch aktiv weiter. Eine der bedeutendsten Umgehungsmöglichkeiten dieses Gesetzes ist die Möglichkeit Sportwaffen zu importieren. Die rein sportliche Funktion einer Waffe ist allerdings breit auslegbar und von Seiten des ATF wird wenig zur Überprüfung geleistet. Kirsten Rand vom Violence Policy Center kritisiert das: „ Sie testen nicht korrekt, ob die Waffen nur für Sportzwecke bestimmt sind. Sie lassen eigentlich alles rein.“ Bei der Unterbesetzung des ATF mit nur 700 Inspektoren erscheint die Kontrolle der massiven Anzahl an Importen schier unmöglich.
Allerdings wäre diese Gesetzeslücke leicht zu schließen: Der Präsident hat durch den Gun Control Act von 1968 die Berechtigung, Waffen, die nicht für sportliche Zwecke geeignet sind, vom Import auszuschließen. Ob die Nutzung eines Maschinengewehrs sich grundlegend auf sportliche Zwecke beschränkt, ist fraglich. Somit könnte der US-Präsident den Import von bestimmten Waffen wie den von Sturmfeuergewehren blockieren. Diesen Schritt haben sowohl der republikanische Präsident H.W. Bush als auch der Demokrat Bill Clinton in der Vorzeit getätigt. Bill Clinton begründete das Verbot damit, dass beispielsweise das AK-47 eine Kriegswaffe ist und niemand ein Sturmgewehr zum Jagen verwenden muss. Der aktuelle US-Präsident Obama räumte 2009 eine Mitverantwortung am mexikanischen Drogenkrieg ein. Im Zuge dessen versprach er, gegen den Waffenschmuggel nach Mexiko vorzugehen. Hierzu würde sich eine Einschränkung der Importmöglichkeiten anbieten.
Den Import von ausländisch gefertigten, leistungsstarken Waffen zu unterbinden, wäre wesentlich leichter, als sich um einen Entschluss des Kongresses zu schärferen Bestimmungen im amerikanischen Waffenhandel zu bemühen. Als das ATF vorschlug, auffällige Waffenverkäufe in den Grenzstaaten stärker zu überprüfen, scheiterte es damit am Widerstand im Kongress: Republikaner, die der Waffenlobby nahe stehen, taten den Vorschlag damit ab, dass die Gesetzesvorlage gegen den freien Waffenbesitz verstößt und dass es zu viel Bürokratie verursache. Währenddessen ist fast die Hälfte der Waffenhändler in den USA finanziell von der mexikanischen Nachfrage abhängig.Das ist bezeichnend für die enorme Verstrickung von US-Waffenimporten im mexikanischen Drogenkrieg.
Dass sich die Mordrate in Mexiko zwischen 2007 und 2011 fast verdreifacht hat, macht klar, dass die Gewalt in dem lateinamerikanischen Staat kein Ende findet. Diese beunruhigende Entwicklung sollte deutlich machen, dass es Zeit ist, massiv gegen den illegalen Grenzhandel vorzugehen und das krisengeschüttelte Land nicht mit Waffen zu versorgen.